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Reisen

D-Rolf

Mit dem Trabi nach Südafrika

Mit bürgerlichem Namen heißt er Rolf Becker, er ist 62 Jahre jung. In seinem Alter schaukeln andere die Enkelchen auf den Knien und bereiten sich auf die Rente vor. Anders der aus Halle stammende Lebenskünstler, der schon zu Zeiten der ehemaligen DDR als Drehorgel-Rolf, kurz: D-Rolf (www.d-rolf.com), bekannt war. In fremden Ländern steht das „D“ auch schon mal für „Deutschland“ – statt für Drehorgel. Rotes Halstuch und schwarze Melone sind seine Markenzeichen.

Der Aktionskünstler ist bevorzugt im Trabi unterwegs, dem 26 PS starken Zweitakt-Mobil, das einst die gesamte DDR mobil machte. Im Juni und Juli reist D-Rolf, wie Tausende andere auch, nach Südafrika: Zur Fußball-Weltmeisterschaft. Seinen Trabi nimmt der studierte Verkehrsingenieur – selbstverständlich – mit. Für ihn ist es nicht die erste Reise dieser Art. D-Rolf ist oft unterwegs, seine Reisen und schrägen Aktionen könnten ein Buch füllen.

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Schon als Vierjähriger saß Rolf Becker erstmals in (s)einem Auto. Mit beiden Händen fest am Lenkrad, und lächelnd. Sein Vater hatte den roten Blech-Renner aus Schrott gebaut. Die Lenkung funktionierte richtig – und Schwung gab es durch den Einsatz der Füße.

Jahre später hat er irgendwann einmal Maschinenbau studiert. Irgendwann war er auch einmal DDR-Meister im Schiffs-Modellbau. Während seines Studiums war er Kabarettist, außerdem mal Filmvorführer, Hausmeister in einer Eisdiele, Buch- und Pumpenverkäufer. „Aber es gibt sinnvolleres, als jeden Tag Pumpen zu verkaufen“, sagt D-Rolf. So besorgt er sich 1983 seine Drehorgel, und seine Auftrittserlaubnis als Künstler. Er nennt sich Drehorgel-Rolf (kurz D-Rolf). Dabei ist es bis heute geblieben. 30 Mark darf er für einen Auftritt nehmen. Das haben ihm die Behörden der DDR vorgeschrieben. Aber was ist ein Auftritt? D-Rolf sieht das ganz pragmatisch: „Wenn ich von der Bühne abgehe und wieder komme, ist das doch ein neuer Auftritt – oder auch wenn ich mich umziehe, oder meinen Hut wechsle“. So wechselt er während eines Abends oft seinen Hut. Während er mit seiner Drehorgel durch die ehemalige DDR tingelt, bringt er mit schöner Regelmäßigkeit die Obrigkeit in Rage. Seine Stasi-Akte umfasst annähernd 1.000 Seiten.

Heute dreht sich sein Leben vor allem um Reisen – und den Trabi. Rolf tritt mit seinem Trabant gegen einen Porsche an, oder gegen ein Flugzeug. Arbeitet an einem Trabi-Roadster mit Sechszylinder-Zweitakter, der die Rennpappe auf 200 km/h bringen soll. Oder er zeigt mit einem Simulator, in dem ein Trabi hängt (was sonst?), wie man sich nach einem Überschlag mit dem Wagen selbst befreit. Außerdem reist er durchs Land, mit seiner Multivisionsshow, und begeistert seine Menschen mit seinen Geschichten.

Demnächst wird die von Südafrika dazu kommen. Über dem Auspuff seines Trabi pappt ein Aufkleber: „Smell of freedom“ - Geruch der Freiheit. D-Rolf gibt Gas, haut eine blaue Wolke aus dem Auspuffröhrchen. Der Hallenser sorgt dafür, dass der Geruch der Freiheit in der ganzen Welt verteilt wird. Einer seiner Trabants ist gerade unterwegs, ohne Auspuffwolken, Er reist per Schiff nach Vancouver, zu den Olympischen Spielen. Er war bei allen Olympischen Spielen nach dem Mauerfall dabei, bei allen Winter- und allen Sommerspielen. Mittlerweile hat er alle Kontinente bereist. Und Rolf hat schon die nächste Aktion geplant. Ein Trabi muss nach Südafrika, zum Beginn der Fußballweltmeisterschaft. „Ich will nach Kapstadt, zum Hotel der Deutschen Spieler“. Dort wird er wieder auftreten, als Botschafter von Sachsen-Anhalt – und als Botschafter in eigener Sache. Der Trabi ist dazu ein geeignetes Vehikel, denn: „Mit dem Trabi fällt man auf“. Und man muss Fragen beantworten. Etwa die, was er denn macht, wenn der Trabi kaputt geht. Darauf kennt Rolf nur eine Antwort: „It’s a german car“.

Spricht’s, setzt sich die schwarze Melone auf den Lockenkopf und hängt sich sein rotes Tuch um den Hals. Er klettert in seinen (mittlerweile 60-ten) Trabant, dreht den Benzinhahn auf und den Zündschlüssel herum. D-Rolf gibt Gas - und knattert davon. Zurück bleibt eine weiß-blaue Abgaswolke. Wie man sie demnächst auch in Vancouver, und in Südafrika sehen wird.