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Motorrad/Zubehör

Augen auf beim Helmkauf

Seit 1976 besteht in Deutschland für Fahrer von Motorrädern Helmpflicht. Im Falle eines (Un-)Falles schützt der steife Hut den Kopf vor lebensbedrohlichen Verletzungen. Zum Thema Helm hat der ADAC alles Wissenswerte zusammengestellt.

Amtlich heißt der Kopfschutz Schutzhelm. Roller- und Motorradfans nennen ihn, nicht ganz ohne Hintersinn, meist Sturzhelm. Die Wahrscheinlichkeit, dass er bei einem Sturz mit dem Einspurfahrzeug hilft ist schließlich größer als die des Aufprall eines Dachziegels auf den Kopf des Fahrers. In Deutschland besteht seit 1976 Helm-Tragepflicht. Seit 1978 gilt diese auch für Moped- sowie Mokickfahrer, seit 1985 müssen selbst Mofafahrer einen Helm tragen. Seit August 1980 wird eine „Zuwiderhandlung“ obendrein mit Verwarnungsgeld geahndet.

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"Geeignete" Helme sind Pflicht

Aber Helm ist nicht gleich Helm. Manche Piloten fuhren mit Kopfbedeckungen durch die Gegend, die allenfalls vor Bußgeld schützten. Also reagierte der Gesetzgeber. Seit 2006 hält Paragraph 21a der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) fest, dass Fahrer und Mitfahrer von Krafträdern mit Höchstgeschwindigkeit über 20 km/h einen „geeigneten Schutzhelm“ tragen müssen. Damit ist es vorbei mit dem Tragen von Arbeits-, Feuerwehr- oder Militärhelmen ohne ausreichende Schutzwirkung. Wer mit solchen „Schüsseln“ erwischt wird, riskiert nicht nur ein Bußgeld. Die Versicherungen können im Falle eines Unfalls ihre Leistungen verringern – selbst wenn der Zweiradpilot nicht Unfallverursacher war.

„Geeignete“ Schutzhelme sind nach der in Europa einheitlichen Vorschrift geprüfte Modelle. Sie tragen den ECE-Einnäher (steht für Economic Commission for Europe) am Kinnriemen oder im Futter. Die aktuelle Version ist die ECE-R 22.05. Neben Stoßdämpfung und Formstabilität werden von unabhängigen Institutionen auch die Reißfestigkeit des Kinnriemens geprüft und ein Abstreiftest gemacht. Auch die Visiere müssen gewisse Mindestanforderungen erfüllen, um den am Visierrand eingegossenen ECE-Stempel zu bekommen.

Aber auch normierte Helme sind nicht alle gleich. Und das gilt nicht nur für die Form. Motorradhelme werden in verschiedenen Bauarten angeboten.

- Integralhelm (auch Vollvisierhelm) mit fester Kinnpartie
- Klapphelm mit hochklappbarer Kinnpartie
- Enduro- oder Motocross-Helm mit fester Kinnpartie (größerer Abstand als beim Integralhelm, ohne Visier)
- Jethelm mit tief gezogenem Visier, aber ohne Kinnpartie
- Halbschalenhelm oder sogenannte Braincap

Integralhelm am sichersten 


Der Integralhelm ist die sicherste Version, Das beweisen nicht nur die ADAC-Helmtests. Doch Klapphelme schneiden oft nur minimal schlechter ab. Sie erleichtern außerdem das Auf- und Absetzen, nicht nur für Brillenträger ein wichtiger Aspekt. Und sie machen auch das Abnehmen des Helmes durch Helfer nach einem Unfall leichter.

Ein Helm fürs Gelände sollte grundsätzlich nur dort und ausschließlich mit spezieller Motorrad-Brille gefahren werden. Vom Gebrauch von Helmen der letzten beiden Bauarten rät der ADAC generell ab. Die Begündung: Jethelme ohne Kinnteil schützen Gesicht und Kinn bei einem Unfall nicht – auch mit Prüfzeichen versehen nicht. Gleiches gilt für historische Halbschalen oder Braincaps. Diese lassen entscheidende Kopfpartien ungeschützt und bieten weder Norm noch Eignung. Fällt die Wahl dennoch auf einen Jethelm, sollte man ein Modell mit integriertem Kinnbügel wählen.

Doppelte Schutzwirkung


Motorrad-Helme schützen doppelt. Die Außenschale verteilt, unabhängig vom Material, eine punktuelle Krafteinwirkung durch hohe elastische Verformungsenergie. Sie soll das Eindringen spitzer oder kantiger Gegenstände verhindern. Das Innenmaterial zwischen Außenschale und Futter übernimmt die eigentliche Dämpfung. In der Regel besteht das Innenmaterial aus besonderen EPS-Hartschaum-Materialen der Styropor-Familie hergestellt. Diese absorbieren die Aufprall-Energie. Aber nur einmal, denn ein Aufprall führt zu einer Komprimierung und damit bleibender Verformung. Helme müssen deshalb nach Unfällen oder Stürzen ausgetauscht werden. Das gilt auch dann, wenn sie äußerlich scheinbar unbeschädigt sind. Der ADAC rät dringend zur Befolgung dieser Herstellervorschrift.

Zwei Werkstoffgruppen werden zur Herstellung von Helmschalen genutzt: Thermoplastische Kunststoffe und Duroplaste. Unter Hitze sind Thermoplaste wie Acrylnitril-Butadien-Styrolt (ABS), Polycarbonat oder Polyamid leicht formbar. Daher eigenen sie sich fürs Spritzguss-Verfahren, mit dem sich leicht und kostengünstig große Mengen von Helmen herstellen lassen. Ein aufwändiges Laminat-Verfahren erfordern Duroplaste und Verbundwerkstoffe (z.B. Aramidfasern, Glasfaserverstärkter Kunststoff, Carbon, Dyneema). Schalen aus diesen Materialien sind besonders hart und bruchfest, aber auch teurer.

Duroplaste altern weniger schnell, wie Langzeit-Materialtests beweisen. Ihre Lebensdauer liegt, bei guter Pflege, bei mindestens acht Jahren. Helme aus Thermoplasten, die keine zusätzliche Lackschicht haben, können versprüden, etwa bei starker Ultraviolett-Strahlung und durch andere Einflüsse wie Lösungsmittel oder Benzin. Solche Helme sollten wegen der nachlassenden Schutzwirkung nach rund fünf Jahren gewechselt werden, betont der ADAC. Da auch das Dämmmaterial

nachgibt und der Helm somit nicht mehr optimal sitzt, ist bei starker Nutzung ein Tausch nach diesem Zeitraum besser.

Ganz wichtig: Motorradhelme sollten nicht beklebt oder lackiert werden. Die im Klebstoff oder in der Farbe enthaltenen Lösungsmittel können die Stabilität der Helmschale negativ beeinflussen. Eine Ausnahme machen die Aufkleber des Instituts für Zweiradsicherheit (IfZ). Sie informieren Ersthelfer über das Öffnen des Helm oder des Verschlusssystems des Kinnriemens bei Notfällen und haben einen lösungsmittelfreien Spezial-Klebstoff.

Wer mit offenem Kinnriemen fährt nimmt seinem Helm die Schutzwirkung. Denn er kann schlicht vom Kopf fliegen. Klapphelme sollten, so der ADAC, nur geschlossen genutzt werden, da sonst der Fahrtwind fatale Folgen haben kann. Ausgenommen sind Helme, deren Kinnteil sich komplett hinter den Helm schieben lässt. Aber nur dann, wenn sie eine zusätzliche Zertifizierung als Jet-Helm haben.

Groß ist das Angebot an Visieren. Meist bestehen sie aus Polycarbonat mit Markennamen wie Makrolon oder Lexan. Etliche Visiere sind heute kratzfest, erreicht wird das durch eine Klarlackschicht. Kratzer können die Sicherheit gefährden, durch das so genannte Streulicht führen. Da Visiere – nicht nur bei Regen – leicht beschlagen, sind Modelle mit Doppelscheiben und permanenter Antibeschlag-Beschichtung empfehlenswert. Nur für wenige Modelle gibt es Heizvisiere.

Verspiegelte oder getönte Visiere schwächen zwar Sonnenlicht ab, sollten jedoch – bei starker Tönung – nur bei Tageslicht genutzt werden. Schon bei Wechsel von Sonne und Schatten oder gar Fahrten durch Tunnel sind sie, so der ADAC, unpraktisch bis gefährlich. Über dem Klarsicht-Visier angebrachte getönte Zusatzvisiere, die sich während der Fahrt herunterklappen lassen, seien gegenüber Sonnenbrillen unterm Visier die bessere Lösung.

Quelle: Gerhard Prien