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Motorrad/Chopper

Neander: Die Dampf-Maschine

Unter dem Motto „Es ist nie zu spät für eine glückliche Jugend“ vermarktet Neander Motorcycles (www.neander-motorcycles.com) aus Kiel ein Bike der Extraklasse. Die Norddeutschen haben das weltweit erste Turbodiesel-Motorrad auf die Räder gestellt.
Seit 2007, als das Bike erstmals gezeigt wurde, hat sich das Motorrad optisch verändert.Das erste Modell nahm in einer schräg vom Tank nach unten führenden Linie den Sitz auf, hinter dem sich ein recht voluminöses, etwas kantiges Heckbürzel mit seitlich angebrachten Blinkern breit machte. Heute findet sich an der Neander ein sanft gerundetes Heck, das frei in der Luft zu schweben scheint. Die Blinker sind in den Sitzunterbau gewandert und optisch unauffällig in die Heckpartie des Bikes eingepasst.

Weniger auffällig sind die Überarbeitung von Kühler und Motorspoiler, beide sind harmonisch ins Outfit der Neander integriert. Auch die Befestigung des Heckfenders ist dezenter geraten. Geändert wurden auch Verlauf und Optik der Auspuffanlage. Die einst etwas dünn aussehenden Röhrchen, die rechts und links zum Hinterrad geführt wurden, sind verschwunden. Ein fettes, schwarzes Endrohr hat heute auf der rechten Fahrzeugseite seinen optisch dominanten Auftritt.

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Ebenfalls verschwunden sind die einst im Tank untergebrachten Instrumente. Die Serviceleuchten und für den Straßenbetrieb erforderlichen Anzeigen haben jetzt in den CNC-gefrästen Billet-Spiegeln Platz gefunden. Das macht den Wegfall des kompletten Instrumentenpanels möglich – und schafft Platz für das Wesentliche. Und „wesentlich“ an der Neander ist ihr Motor.

Ein 1.340 ccm großer Reihen-Zweizylinder mit Doppelkurbelwelle, zwei obenliegenden Nockenwellen und vier Ventilen pro Zylinder. Zwangsbeatmet wird der Selbstzünder durch einen Garret Abgasturbolader mit Ladeluftkühlung. Resultat des hohen technischen Aufwands sind satte 82 kW / 112 PS, die bereits bei 4.200 U/min anliegen. Noch beeindruckender ist das Drehmoment: Üppige 214 Nm bei gerade mal 2.600 U/min sind eine klare Ansage.

Das Antriebsaggregat der Neander ist ein technischer Leckerbissen. Schon ein Diesel in einem Bike ist verdammt ungewöhnlich. Und bringt manchen Tankstellenbetreiber zur schieren Verzweiflung, wenn das Motorrad vor der Diesel-Zapfsäule vorrollt. Ein Selbstzünder mit Turbolader, verbaut in einem Motorrad, ist so exotisch wie ein Kondomautomat im Vatikan. Bei der Neander sind die Einlass- und Auslassventile nicht paarweise, sondern gegenüberliegend angeordnet. Dazu gibt es einen Kurbeltrieb, der die Verbrennungskraft nicht auf ein, sondern auf jeweils zwei Pleuel pro Kolben verteilt. Zwei verzahnte und somit gegenläufige Kurbelwellen werden dabei in Rotation versetzt. Und die vier Pleuel des Zweizylinders sind fliegend auf den Hubzapfen gelagert. Eine höchst wilde Konstruktion – die aber funktioniert.

Was gibt es noch? Etwa eine beheizte Sitzfläche. Oder eine Doppelgabel mit getrennt einstellbarer Druck- und Zugstufe. Oder eine Brembo-Bremsanlage mit schwimmend gelagerten Bremsscheiben, die den rund 300 Kilo schweren Dampfer sicher zum Stehen bringen sollen. Einen Russpartikelfilter. Räder aus gefrästem Alu. Eine aus dem Vollen gefräste Alu-Fußrastenanlage. Eine aus 32 Einzelteilen zusammengeschweißte Aluschwinge. Und ein grelles Design. Das alles dummerweise zu einem nicht gerade „günstigen“ Preis: Schlappe 95.000 Euro rufen die Kieler für ihre Neander auf. Aber immerhin, der Preis ist seit Vorstellung des Zweirad-Dampfers vor drei Jahren nicht erhöht worden.

Etwas günstiger wird wohl der weltweit erste Turbo-Diesel-Außenborder werden, den die Kieler derzeit entwickeln. Er soll spätestens 2012 serienreif sein. Ein Außenborder soll nicht nur ein beeindruckendes Leistungsgewicht aufweisen und möglichst klein sein, er darf auch keine Vibrationen haben. Diese Kombination hat bislang kein etablierter Hersteller zufriedenstellend umsetzen können. Mit der „doppelten Kurbelwelle“ will Neander die Lücke auf ökonomisch und ökologisch überzeugende Weise füllen. Die Kieler sehen in einem Außenborder mit Neander Selbstzünder sowohl für die Freizeit- als auch für die kommerzielle Nutzung einen Fortschritt: Sie versprechen – gegenüber Benzinmotoren – einen deutlich geringeren Verbrauch, weniger CO2-Emissionen, eine erleichterte Treibstoffversorgung und eine Erhöhung der Sicherheit an Bord durch die geringere Entflammbarkeit des Dieselkraftstoffs. Dass die Technik funktioniert, haben die Nordlichter mit der Umsetzung des weltweit ersten Turbo-Diesel-Motorrads eindrucksvoll demonstriert. Bis heute hat die Manufaktur in Kiel vier Exemplare der Dampf-Maschine an zahlungskräftige Kunden ausgeliefert.

Technische Daten:
Motor: Bauart luft- / ölgekühlter Reihenzweizylinder, Viertakt Turbo-Diesel mit Common Rail Direkteinspritzung und Abgasturbolader mit Ladeluftkühlung. Doppelkurbelwelle,
zwei obenliegende Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Bohrung x Hub 105 mm x 77,6 mm. Hubraum: 1.340 ccm. Nennleistung: 82 kW / 112 PS bei 4.200 / min. Maximales Drehmoment 214 Nm bei 2.600 / min. Beschleunigung ca. 4,5 sek. 0 – 100 km/h. Höchstgeschwindigkeit ca. 220 km/h. Verbrauch ca. 4,5 l auf 100 km. Kraftstoff: Diesel. Kraftübertragung: Kupplung Nasskupplung. Getriebe: 6-Gang-Kassettengetriebe. Sekundärantrieb: Zahnriemen. Bremssystem: Bremsscheiben 320 mm und Racing 4 Kolben P4 32/36. Fahrwerk: Rahmen Brückenrohrrahmen, Motor als tragendes Element.
Radstand: 1940 mm. Gabel: Doppel-Tele, Standrohrdurchmesser 41 mm. Schwinge: Alu. WP-Federbein (stufenlos einstellbar). Federweg v/h: 120 / 100 mm. Reifen vorne / hinten: Metzeler 150 / 80 - 17 (v); 240 / 40 - 18 (h), alternativ 210 / 50 – 17. Lenkkopfwinkel 56°. Länge: 2.480 mm, Sitzhöhe 650 mm, Gewicht 295 kg, Tankvolumen: 14 Liter (Reichweite ca. 300 km). Preis: 95.000 Euro