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Fahrzeuge/Sonstiges

Bobby-Car

So sportlich, robust und unverwüstlich würde mancher (s)einen vier Jahrzehnte alten (Klein-)Wagen gerne sehen. Trotz seines – relativ – hohen Alters hat das Bobby-Car noch keinen Rost angesetzt. Über die Jahrzehnte hat sich das Mobil, auf dem viele von uns fahren gelernt haben, kaum verändert. Und ist längst zum Klassiker geworden.

Eigentlich ist das schnuckelige Fahrzeug, das mehr als nur ein bisschen an den fahrbaren Untersatz erinnert, mit dem Donald Duck durch Entenhausen kutschiert, als Lauflern-Hilfe gedacht gewesen. Das Bobby-Car, das für viele zu den Jugendjahren gehörte wie Flipper, Lassie oder das Urmel aus dem Eis, ist rund 60 cm lang und etwa 40 cm hoch. Wir kennen es alle in Feuerrot, mit einem großen, weißen Lenkrad, schmucken Weißwandreifen mit roten Radkappen sowie je einer Anhängerkupplung vorne und hinten.

Eigentlich ist das Fahrzeug der Firma BIG aus Franken recht unauffällig und wenig spektakulär. Im Januar 2012 kam es allerdings zu unverhofften Ehren – und wurde gar zum Gegenstand der politischen Berichterstattung. Den damalige Bundespräsident Christian Wulff brachte – unter anderem - ein Bobby-Car in Erklärungsnöte. Der Geschäftsführer eines Berliner Autohauses hatte dem Sohn des Ehepaares Wulff im Mai 2011 zum Geburtstag ein Bobby-Car an die Privatadresse der Wulffs in Burgwedel geschickt. Wulff habe sich dafür artig in einem Schreiben mit dem offiziellen Briefkopf des Bundespräsidenten bedankt. Das Geschenk, so erklärte Wulffs Anwalt seinerzeit, befinde sich „in der Kinderspielecke im Schloss Bellevue und kann dort von Besuchskindern genutzt werden“.

In zweistelliger Millionenzahl ist das BIG-Bobby-Car, wie das Rutschfahrzeug offiziell heißt, bis heute verkauft worden. Damit ist das rund 3,6 Kilogramm leichte und aus rund 30 Einzelteilen bestehende Fahrzeug ein echtes Erfolgsprodukt – und ein größerer Kassenschlager als manches „echte“ Automobil, das von solchen Stückzahlen nur träumen kann. Erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde der Kleinwagen für den Nachwuchs zur Spielwarenmesse 1972 in Nürnberg. Erfunden hat das beliebte Kinderspielzeug aus Polyethylen Ernst A. Bettag. Im Alter von 24 Jahren hatte der Diplom-Ingenieur die Konkursmasse einer Metallspielwarenfabrik übernommen und stellte zunächst Spielwaren aus Holz und Blech her. Später stieg er auf Kunststoff um, baute Fahrzeuge unterschiedlichster Art, vom Schiff über Motorräder und Bimmelbahnen bis hin zum Traktor und legte damit den Grundstein der heutigen BIG-Spielwarenfabrik GmbH & Co. KG. Vor vier Jahrzehnten suchte Bettag nach einem passenden – also kurzen, knappen und international gut klingenden – Namen für sein Mobil. Er nannte es Bobby-Car und schuf damit einen Gattungsbegriff für Kinderrutschfahrzeuge allgemein. Die Simba Dickie Unternehmensgruppe aus Fürth, unter deren Dach auch Marken wie Schuco und Eichhorn versammelt sind, übernahm nach dem Tode Bettags im Jahre 2003 BIG. Mehr als einhundert verschiedene Varianten des Bobby-Cars gibt es bis heute, alle werden in Burghaslach - zwischen Nürnberg und Würzburg gelegen - gebaut. Feuerwehr- oder Polizeiautos gibt es beispielsweise, Taxen und – in Zusammenarbeit mit Firmen wie Ferrari, Porsche oder Mercedes – markenspezifische Modelle. Obendrein gibt es natürlich auch Zubehör wie Anhänger oder Kufen für den Einsatz des Bobby-Cars im Schnee. Je nach Modell kostet das Kinderspielzeug „made in Germany" zwischen 35 und 60 Euro. Damit ist der Rutscher in der Anschaffung ebenso preiswert wie im Unterhalt. Denn das Bobby-Car verbrennt kein Diesel, kein Benzin – wie vor Jahr und Tag halten kleine Kinderfüßchen für den Antrieb her. Bis zu 100 Kilogramm Belastung sollen die kleinen Kisten aushalten, was der Hersteller schon mal zum Anlass nimmt, einen Elefanten seinen Vorderfuß auf das kleine Vierrad setzen zu lassen. Einige Erwachsene tragen mit den sympathischen Bobby-Cars – ebenso wie ihr Nachwuchs – Meisterschaften auf abgesperrten Gefällstrecken aus, ähnlich wie es früher mit Seifenkisten geschah. Werden die knubbeligen Kleinwagen nicht gerade im harten Rennalltag verheizt, haben sie eine Lebensdauer, die denen ihrer großen Geschwister eindeutig überlegen ist. Gut möglich, dass die kleine roten Flitzer wie „echte“ Oldtimer von Generation zu Generation vererbt werden können.

Quelle: Gerhard Prien