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Fahrzeuge/Sonstiges

Mercedes-Benz Werk Wörth

50. Jubiläum im größten Lkw-Montagewerk der Welt

Es ist genau ein halbes Jahrhundert her: Am 17. November 1960 unterzeichnen Daimler-Benz und die pfälzische Gemeinde Wörth den Kaufvertrag über ein rund 2,5 Millionen Quadratmeter großes Gelände, auf dem jährlich über 100.000 Lastkraftwagen gebaut werden können. 50 Jahre später ist das Mercedes-Benz Werk Wörth das größte Lkw-Montagewerk der Welt.

Anfangs nur ein Motorenwerk geplant

Im Gegensatz zur Größe des Grundstücks fängt alles ganz klein an: Mit einer Belegschaft von nicht mehr als 100 Mann auf der so genannten Wörther Insel, einer ehemaligen Flussschleife des Rheins. Beim ersten Spatenstich auf dem zwei Millionen Quadratmeter großen Gelände im März 1962 ist eigentlich nur ein Motorenwerk geplant. Doch Daimler-Benz ordnet im Jahr 1963 die Fertigungsstrukturen seiner Werke neu. Die Produktion der Motoren und Omnibusse wird in Mannheim konzentriert. Am 1. Oktober 1963 startet in Wörth die Produktion von Lkw-Fahrerhäusern. Noch liefert das Werk Wörth die grundierten Rohbauten zur Weiterbearbeitung an die klassischen Standorte Gaggenau (schwere Lkw) und Mannheim (mittlere Lkw). Im ersten Jahr bringt es Wörth auf gut 22.000 Rohkabinen. Ab Dezember 1964 kümmert sich das neue Werk zudem auch um den Innenausbau und die Fertiglackierung. Im Jahr 1964 fällt die endgültige Entscheidung, die gesamte Produktion und Endmontage von Lkw in Wörth zu bündeln. Mitte 2008 entsteht das Entwicklungs- und Versuchszentrum mit Schlechtweg- und zusätzlichen Erprobungsstrecken auf 550.000 weiteren Quadratmetern.

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Ab 1969 volle Auslastung

Konzipiert ist das Werk in seinen Anfangszeiten für eine Jahreskapazität von 48.000 Lkw. Ab 1966 kommt die Fertigung der mittelschweren Lkw und der weltweite CKD-Versand (Completely Knocked Down: Fahrzeug-Bausätze) hinzu, so ist diese Zahl schon drei Jahre später erreicht. Was einst als Motorenwerk gedacht war, ist nun selbst der Motor für die Internationalisierung des Nutzfahrzeuggeschäfts.

Verwaltungsgebäude, Lehrwerkstatt und Kantine geben dem neuen Werk allmählich seine Kontur. Zentrales Element ist die neue Montagehalle: Mit 750 Meter Länge (heute auf 1.000 Meter erweitert) und 50 Meter Breite zählt sie weltweit zu den größten Montagehallen im Fahrzeugbau. Die Fertigung ist von Beginn an äußerst flexibel. Namen tragen die Lkw damals noch nicht, die gängigen Bezeichnungen „leichte Wörther“ und „schwere Wörther“ verweisen auf ihren Ursprung.

100.000 Einheiten jährlich

Ab 1969 wird die Kapazität des Werks schrittweise auf 100.000 Einheiten jährlich erhöht. Zwei Mal wächst die Fabrik, bis diese Vorgabe mit exakt 105.200 Einheiten im Jahr 1975 erfüllt ist. Ab 1973 fertigt Wörth die strikt nach Baukastensystem konzipierten schweren Fahrzeuge der Neuen Generation. Zehn Jahre nach Produktionsbeginn verlässt der 500.000-ste Lkw das Werk. Auf der Rheininsel sind knapp 8.700 Mitarbeiter beschäftigt.

In den 1980-er Jahren wird aus der Neuen Generation die NG 80, damit tritt die dienstälteste Wörther Fahrzeug-Generation ab. Aus den leichten LP wird ab 1984 die LK-Baureihe (Leichte Klasse). Sie reicht von 6,5 bis 13,0 Tonnen Gesamtgewicht. Vier Jahre später löst die legendäre SK-Baureihe die NG 80-Fahrzeuge in der schweren Klasse ab. Sie hält sich als „Enkel“ der Neuen Generation bis zum Jahr 1996. In dieser Zeit ändert sich die Fertigung grundlegend. Klassische Automatisierungskonzepte sind nicht mehr geeignet, die zunehmend komplexeren Aufgaben (ständig wachsende Varianten und schwankende Stückzahlen) zu meistern. Unter der Losung „Rohbau 2000“ entsteht 1992 eine integrationsfähige Gesamtanlage, in der alle Fahrerhaustypen geschweißt werden können. Die Idee einer flexiblen Rohbauanlage ist geboren.

Auch der Innenausbau des Fahrerhauses wird optimiert. Verbesserte Fertigungsabläufe und optimierter Materialfluss kennzeichnen den neu organisierten Bereich. Er nimmt im Jahr 1995 die Arbeit auf, effektiver und flexibler denn je. Beste Voraussetzungen für die kommenden Jahre:

1996: Start des von Grund auf neu konstruierten Schwer-Lkw Actros
1997: Umstellung der Baureihen LK und MK auf die neuen Leichten und
Mittleren der Atego-Reihe
1998: Produktionsbeginn des Atego schwer, eine Kombination von
Actros-Fahrgestell und Atego-Kabine
2001: Pilotserienfertigung des neuen Schwer-Lkw Axor, eines nutzlaststarken
Lkw für mittleren Fernverkehr und schweren Verteilerverkehr
2002: Verlagerung der Unimog-Produktion von Gaggenau nach Wörth
2003: Serienstart der 2. Actros-Generation und Produktionsverlagerung
des Kommunalspezialsten Econic von Zwickau nach Wörth
2004: Fertigung des neuen weiterentwickelten Axor und Atego
2008: Eröffnung des Entwicklungs- und Versuchszentrums für Lkw

Kapazität für mehr als 100.000 Einheiten

Im Werk Wörth herrscht ein hoher Taktschlag. Über drei Millionen Nutzfahrzeuge tragen seit 1963 das Signet „made in Wörth“. Die Produktionsfläche hat sich auf 480.000 Quadratmeter vergrößert. Jeden Tag verlassen bis zu 470 Lkw das Werk – bei voller Auslastung rollt alle drei Minuten ein Fahrzeug vom Band, in bis zu 70.000 verschiedenen Variationen.

Damit das reibungslos und „just in time“ funktioniert, schaffen täglich rund 1.000 Lieferanten etwa 4.000 Tonnen Material ins Werk. Acht wichtige Lieferanten produzieren direkt vor Ort. Dazu wurde vor zehn Jahren mit Unterstützung des Landkreises Germersheim auf dem Werksgelände der „Industriepark Wörth“ eingerichtet. Hier wird auf 40.000 Quadratmetern „just in sequence“ gefertigt. So stehen die richtigen Teile in der richtigen Qualität zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Einsatzort zur Verfügung. Ein entscheidender Erfolgsfaktor, wie Werkleiter Yaris Pürsün feststellt: „Wir setzen Standards in Qualität und Zuverlässigkeit, die wir in fünf verschiedenen Baureihen mit unseren Mitarbeitern und Partnern für unsere Kunden realisieren.“

Diese Kunden sitzen überall auf der Welt: Rund 60 Prozent der Wörther Produktion werden in mehr als 150 Länder exportiert, und fast jeder zweite in Deutschland zugelassene Lkw stammt aus Wörth.

Quelle: Gerhard Prien