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4x4-Fahrzeuge/Fahrzeuge

Defender-2012

Schlamm drüber

Produktionsende für den Klassiker Land Rover Defender in Sicht

Die schlechte Nachricht zuerst: Das Ende der 4x4-Legende Defender ist in Sicht. Ab 2015 dürfte es mit dem kantig-kultigen Offroader vorbei sein. Die Gründe liegen in nur schwer erfüllbaren Anforderungen des Fußgängerschutzes und auch in der nicht recht lohnenden Fertigung. Die Produktion des Defenders ist eher Handarbeit wie in einer Manufaktur denn hochtechnisierte automobile Massenproduktion, In der Zeit, in der knapp 50 Discovery gefertigt werden, rollen vom Defender gerade mal acht Exemplare aus den Produktionsstätten. In drei Jahren also dürfte Schicht im Schacht sein für das britische Allrad-Urgestein, das seit mehr als sechs Jahrzehnten weltweit im Einsatz ist. Die gute Nachricht: Noch ist der Defender zu haben. Fans können noch zwei, drei Jahre zugreifen, bevor der Run auf die letzten Exemplare einsetzt.

Seit 1948 wird der Defender gebaut, und stetig vorsichtig modernisiert. Fast zwei Millionen Exemplare wurden bisher gebaut, im Durchschnitt werden Jahr für Jahr weitere 25.000 Einheiten der aktuellen – im Jahre 2002 vorgestellten – Modellversion verkauft. Die 4x4-Legende hat sich rund um den Globus einen unverwechselbaren Ruf erfahren: Als robuster und vielseitiger Geländewagen, der vor kaum einer Aufgabe zurückschreckt. Privatleuten schätzen den Allradler aus Solihull ebenso wie Unternehmen, staatliche und militärische Nutzer oder Umweltschutz- und Hilfsorganisationen. Klar, denn er ist robust und geländetauglich und konnte sich so eine loyale Fangemeinde aufbauen. Nach Angaben des Werks sollen sage und schreibe zwei Drittel aller je gebauten Defender immer noch auf den Straßen und Pisten der Welt unterwegs sein.

Neu im Programm für den Defender ist ein 2,2-Liter-Dieselmotor. Das Euro-5-Triebwerk soll trotz kleineren Hubraums ebenso viel Kraft und Drehmoment wie der bisherige, nach Euro-4-Norm eingestufte 2,4-Liter-Dieselantrieb besitzen. Das neue Antriebsaggregat mit serienmäßigem Rußpartikelfilter ist wirtschaftlicher und umweltfreundlicher. Das neue Triebwerk soll zudem leiser sein, eine neue vollflächige Motorschallabdeckung macht es möglich. Trotz des um 200 Kubikzentimeter geschrumpften Hubraums bietet der neue Defender-Diesel mit 90 kW / 122 PS Leistung bei 3500 U/min und einem maximalen Drehmoment von 360 Nm, das bei 2.000 Touren anliegt, die gleichen Leistungsdaten wie der frühere 2,4-Liter-Antrieb. Die Höchstgeschwindigkeit stieg – von zuvor 132 – auf jetzt 145 km/h. Gleich blieben hingegen die CO2-Emissionen: 266 g/km für den Defender 90 und jeweils 295 g/km für die Karosserievarianten 110 und 130. Land Rover blieb für den Defender beim bewährten Antriebskonzept mit permanentem Vierradantrieb plus Geländereduktion sowie 6-Gang-Schaltgetriebe. Über das im zweistufigen Verteilergetriebe untergebrachte Mittendifferenzial gelangt die Motorkraft zu den Vorder- und Hinterrädern. Darüber hinaus kann das Mittendifferenzial manuell gesperrt werden, so bleibt auch unter härtesten Bedingungen der Kraftfluss gewährleistet.

Für die 2012-er Modellgeneration stehen neben den bekannten E-, S- und SE-Ausstattungsvarianten zwei neue Optionspakete zur Wahl. Die beiden neuen Optionspakete des Modelljahrgangs 2012 vergrößern die Modellauswahl. Zum einen ist der Defender 90 und 110 mit einem Offroad-Paket erhältlich, das aus ABS, Traktionskontrolle, HD-Stahlfelgen mit Goodyear Wrangler-MT/R-Bereifung und Unterfahrschutz besteht. Zum anderen kann ein neues Lederpaket geordert werden, so kommen auch E-Modellversionen in den Genuss von Leder-Stoff-Sitzen und Lederlenkrad.

Im Gegensatz zur Technik fallen die Änderungen am charakteristischen Erscheinungsbild des Defender übersichtlich aus. Zuletzt spendierte Land Rover lediglich der Motorhaube ein neues Profil. Die Konstruktion der Karosserie besteht traditionell nach wie vor zum großen Teil aus leichtem, hochfestem Aluminium, ein weiter entwickeltes Leiterrahmenchassis bildet die Basis. Drei Radständen (90, 110 und 130 Zoll) sind zu haben, dazu eine breite Auswahl an Karosserievarianten. Sie reicht vom Pick-Up mit Single, Double und Crew Cab, Soft- und Hardtop-Versionen bis zum Station Wagon. Zum Programm gehören zudem Varianten mit 130-er Fahrgestellen sowie Single und Double Cab als Grundlage für Spezialumbauten.

Die Leistungsdaten des Defender sind seit Jahrzehnten mehr als anständig: Die Steigfähigkeit liegt bei 45 Grad, die Böschungswinkel betragen vorn 47 bzw. 49 Grad und variieren hinten zwischen 47 und 35 Grad. Dazu kommen ein Rampenwinkel von 25 bis 32 Grad und eine Bodenfreiheit von mindestens 314 Millimeter. Mit einer Wattiefe von 500 Millimetern lassen sich selbst tiefere Wasserläufe durchqueren. So besitzt auch das aktuelle Modell des Defender ein unverkennbares Kennzeichen der Baureihe: Einen vergitterten Lufteinlass im rechten Kotflügel. Der deutlich über der 500 Millimeter messenden Wattiefe angebrachte Lufteinlass verhindert ein Eindringen von Wasser in das Triebwerk. Unter der Motorhaube leitet ein speziell geformter Kanal die Luft direkt zum Filtergehäuse mit integriertem Zyklon- und Vortex-Filter.

Die Ausstattungsverbesserungen zum 2012-er Modelljahr 2012 umfassen neue Leichtmetallfelgen, ein für alle Versionen einheitliches Lenkrad, neue Lackfarben und die Ausstattung sämtlicher Defender-Ausführungen mit getönten Scheiben. Zu den weiteren Ausstattungsdetails zählen – je nach Modellversion serienmäßig oder auf Wunsch erhältlich – Bodenverkleidung in Gummi oder Stoff, Alarmanlage mit Innenraumüberwachung, elektrische Fensterheber vorn, Klimaanlage, Zentralverriegelung, heizbare Heckscheibe mit Wisch-Waschanlage, aufstell- und herausnehmbares Glasdach, Trittstufe hinten, die neuen Offroad- und Leder-Optionspakete sowie ein Winterkomfortpaket mit Heizung für Windschutzscheibe und Vordersitze. Beste Voraussetzungen also, einen Allradler mit kultiger Optik zu erstehen, der zudem bis zu 3,5 Tonnen wiegende Anhänger an den Haken nehmen darf. Zugegeben, für permanente Fahrten zwischen Garmisch-Partenkirchen und Flensburg gibt es sicherlich tauglichere fahrbare Untersätze. Und auch zum Protzen auf Düsseldorfs Kö taugt der Defender nur bedingt, er fühlt sich eher auf der "Alten Gräberpiste" oder in "Tam" wohl. Ein gewisses Maß an Leidensfähigkeit sollte man schon mitbringen, wenn man Defender fahren will. Damit erwirbt man sich dann aber auch die Garantie, auch unter widrigen Umständen da anzukommen, wo man hin möchte. Und obendrein einen fabrikneuen Oldtimer zu bewegen. Viele von seiner Sorte, von den kernigen „echten“ Offroadern, gibt es nicht mehr - auch wenn die Fans es noch so sehr bedauern mögen. Bei Toyota wird man noch fündig, oder bei Jeep, oder mit dem G auch bei Mercedes - der allerdings in einer völlig anderen Liga spielt, vom Preis her gesehen. Ab 2015 ist es dann auch mit dem Defender vorbei. Tipp für Fans des kultigen Offroaders: Zuschlagen - rechtzeitig. Bevor nur noch weichgespülte und rundgelutschte SUV's die Straßen unsicher machen. Man muss kein Prophet sein, um folgende Vorhersage zu treffen: Wir werden ihn vermissen, arg vermissen, den Defender. Eigenwillig, ein Typ mit Ecken und Kanten, und ein wenig schräg. Eine aussterbende Gattung. Again: Wir werden ihn vermissen. Aber es ist mit ihm sicher wie mit manchen Beziehungen. Viele werden es wieder erst dann merken, wenn er weg - und es zu spät - ist. Schlamm drüber.

Quelle: Gerhard Prien